Miura: Das erste Serienauto der Welt mit quer eingebautem V12-Mittelmotor

1966 etablierte sich der V12 von Lamborghini endgültig als Legende, als er quer und als Mittelmotor im P400 Miura eingebaut wurde: jenes Fahrzeug, für das der Begriff „Supercar“ geprägt wurde.

In diesem Kapitel der Geschichte über den V12-Motor dreht sich alles um den Miura. Besagter Motor hat im Laufe von fast 60 Jahren mehrere Kultmodelle angetrieben und ist zum Inbegriff für die DNA von Lamborghini geworden: technologische Innovation, Vision und Ingenieurskunst. Das Jahr 2022 bildet mit dem letzten reinen V12-Verbrennungsmotor im Aventador Ultimae[1] den Schlusspunkt einer legendären Ära. 2023 wird Lamborghini mit der Einführung des ersten Hybrid-Serienmodells den Hybridisierungsprozess einläuten.

Ferruccio Lamborghini: „Der gefällt mir; er wird uns zu Legendenstatus verhelfen.“

Weniger als zwei Jahre nach der Gründung von Lamborghini 1963 war das Unternehmen aus Sant’Agata Bolognese noch klein. Dennoch war es ihm gelungen, sich im heiß umkämpften Gran-Turismo-Markt an der Spitze zu etablieren. Der 350 GT lief kontinuierlich vom Band. Ferruccio Lamborghini war zufrieden, da er seine persönliche technische Herausforderung trotz anfänglich weit verbreiteter Skepsis gemeistert hatte. Er träumte jedoch davon, ein noch umwerfenderes Fahrzeug zu entwickeln – eines, das alle sprachlos machen sollte. Und genau so geschah es mit dem Miura.

Um die technischen Aspekte kümmerten sich die jungen Ingenieure Giampaolo Dallara und Paolo Stanzani, die damals bei Lamborghini für die Entwicklung und Produktion verantwortlich waren. Der außergewöhnliche Motor des Miura spielte – und spielt immer noch – eine entscheidende Rolle in seinem Erfolg: ein Vierliter-V12-Aggregat mit 60 Grad Bankwinkel und vier Weber-Vergasern vom Typ 40 IDL 3L. Je nach Version – P400, P400S und P400SV – produzierte es eine maximale Leistung von 350, 370 oder 385 PS. Das reichte damals aus, um den Miura zum schnellsten Serienfahrzeug der Welt zu machen. Das herausragende Design von Carrozzeria Bertone tat sein Übriges und bescherte Lamborghini beispiellose Verkaufserfolge. Ursprünglich war vorgesehen, 50 Fahrzeuge in drei Jahren zu verkaufen, aber schlussendlich wurden in sieben Jahren, zwischen 1966 und 1973, insgesamt 763 Fahrzeuge produziert.

Paolo Stanzani, tragende Säule in der Geschichte des V12-Motors von Lamborghini

Der Ingenieur Paolo Stanzani (1936–2017) war eine der ersten Personen, die von Ferruccio Lamborghini eingestellt wurden. Er kam direkt von der Universität Modena und entwickelte sich zu einem der wichtigsten Akteure in der Geschichte des V12-Motors und des Miura. Stanzani war es gelungen, den von Ingenieur Giotto Bizzarrini entworfenen V12-Motor serienreif und straßentauglich zu machen. Darüber hinaus gehörte Stanzani zu jener kleinen Gruppe junger Talente, die den Miura und seine modernen technischen Lösungen entwickelten. Er bekleidete bei Lamborghini eine Vielzahl von Positionen, vom Technischen Leiter über den Produktionsleiter bis zum Generaldirektor. Zusätzlich zum Miura leistete er entscheidende Beiträge zur Produktion des Countach, des Espada und des Urraco. Letzterer war dabei sein persönliches Lieblingsmodell.

Der Miura: ein waschechter Star mit ikonischem Aussehen und Klang

Der Miura wurde ab dem Moment seiner Präsentation bei Regisseuren zum begehrtesten aller Fahrzeuge. Er spielte in nicht weniger als 43 Filmen mit, häufig in einer Hauptrolle. Einer der berühmtesten jener Filme ist sicherlich „The Italian Job” von 1969. Die mehr als drei Minuten lange Eröffnungssequenz ist komplett einem P400 Miura mit Rossano Brazzi am Steuer gewidmet, während Matt Monro „On Days Like These“ singt. Im Hintergrund ist auch der Sound seines V12 bei voller Beschleunigung zu hören – eine Szene, die in der Welt der Autofilme Kultstatus erlangt hat.

Der Miura war der Star auf Dutzenden Titelblättern von Automagazinen und anderen Zeitschriften. Sein erster internationaler Artikel erschien im November 1966. Er wurde in der wöchentlichen Zeitschrift „Autocar“ veröffentlicht und stammte aus der Feder des belgischen Rennfahrers und späteren Journalisten Paul Frère. Der zweifelsohne legendärste Artikel wurde aber vom englischen Journalisten Leonard „LJK” Setright für das monatlich erscheinende englische Magazin CAR verfasst: In einem zweiteiligen Bericht beschreibt er die Freuden einer Reise von Sant’Agata Bolognese nach London in einem P400 Miura.

Es ist schwierig, alle Persönlichkeiten aufzulisten, die im Laufe der Zeit einen Miura besessen haben: Little Tony und Rod Stewart besaßen beispielsweise mehr als einen, Eddie Van Halen nannte über 30 Jahre lang einen Miura sein Eigen, und Jay Kay von der Band Jamiroquai besitzt sein Exemplar noch heute. Weitere Beispiele nennenswerter Miura-Eigentümer sind der Schauspieler Peter Sellers, das Model Twiggy, der Sänger Elton John, die Opernsängerin Grace Bumbry, der Jazz-Musiker Miles Davis und der Rennfahrer Jean-Pierre Beltoise. Der Sänger Johnny Hallyday machte wiederum Schlagzeilen, als er mit seinem P400 gegen einen Baum prallte. Letztlich besaß der Schah von Persien verschiedene Miura, darunter einen von nur vier jemals gebauten SVJ.

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