Er ist zurück. Und BMW hat in die Vollen gegriffen, um seine verwöhnten Sport-Fans in Verzückung zu versetzen. Das Wichtigste in Kurzfassung: Kein V6, dafür zwei Turbolader, mechanisches Sperrdifferenzial ist verbaut und der R6 orgelt locker bis 7.500 U/min.
Darf ich fahren? Echt? Beinahe ungläubig blickt mich der ÖAMTC Instruktor an. „Natürlich“, meine ich. Es geht um die Meinungsbildung. Ich habe bereits nach ersten Kennenlern-Kilometern eine Meinung über den neuen M3, und die scheint in Stein gemeißelt. Aber Rennstrecke ist und bleibt die härteste Bewährungsprobe für Renner à la BMW M. Also schauen wir mal. Markus Felbauer, seines Zeichens auch des Driftens nicht sonderlich abgeneigt, nimmt Platz und hechtet unter dem dumpfen Gebollere des R6-Biturbos davon. Er dreht ein paar Runden, startet sanft, steigert das Tempo und schlussendlich rauchen die Hinterradln und das Heck durchschreitet die Kurven des Wachaurings mit einem artgerechten Ausfallschritt. Markus grinst bis über beide Ohren, als er sich aus den komfortablen Sportsitzen schält. „Und?“, frage ich. Sein Grinser ist bereits Antwort genug: „Das Paket stimmt, die haben alles richtig gemacht.“ Bin ich beruhigt, denn mich hat der M3 echt von den Socken g’haut.
Jetzt bin ich dran
Ich schnall’ mich hinters Armaturenbrett und brezle über das Melker Asphaltband. Nein, nicht ganz. Zuerst wird das Wägelchen konfiguriert. M-Fahren bedeutet nicht nur das rechte Fußgelenk strecken, sondern auch das Drücken mehrerer Knöpfe mit gleichzeitigem Beklotzen der Armatureneinheit. Adaptiert werden können Dämpfer, Motor und Getriebe und dann gibt’s mehrere Stabilitäts-Modi. Pro Rubrik drei, macht insgesamt 81 Möglichkeiten. Okay, denk’ ich mir, ich bin auf einer Rennstrecke. Also weg mit DSC, Motor auf Sport, Fahrwerk auf Sport und Getriebe und Superfast. Das Ganze speichere ich auf den Knopf „M1“ am Lenkradl und ich bin happy. Jetzt genügt ein einziger Knopfdruck und der M3 ist:
Ready to rumble
Vollgas. Das Dreiliter-Aggregat schaufelt grollend Luftmassen in seinen Schlund, das Getriebe schnalzt den ersten Gang und das Sperrdifferenzial an der Hinterachse verteilt die Power gerecht zwischen rechts und links. Wahnsinn, wie der M3 von der Stelle hüpft. Zweiter Gang und die Räder drehen immer noch durch und zeichnen zwei schwarze Striche auf der Start/Ziel. Im dritten Gang beruhigt sich die Traktion, nicht aber mein Puls. Der R6-Biturbo dreht locker bis 7.500 U/min und klingt dabei regelrecht furchteinflößend. Die frei werdenden Kräfte sind gewaltig und das Getriebe schnalzt die Gänge unbarmherzig. Der M ist auf maximalen Vortrieb geeicht und der Fahrer mutiert zum aufgeregten Dirigenten an Bord. Jeder Handgriff sollte nun sitzen, sonst gibt’s ein böses Erwachen abseits der Piste.
„When in doubt, flat out.“
In der langen Rechtskurve provoziere ich das Heck beim Tempo 140 und zack, der Hintern bricht aus. Ich erinnere mich ans Colin McRae Rezept: „When in doubt, flat out.“ Und in der Tat, das Sperrdiff stabilisiert die Hinterachse und der M3 fetzt mit leichtem Driftwinkel und bollerndem Auspuffgeröhre durch die langgezogene Kurve. Meine Handflächen schwitzen und der Puls steigt wieselartig, zum Nachdenken bleibt aber keine Zeit. Bei Tempo 180 hupf in die Eisen und die Carbon-Keramik-Bremsen verzögern, als hätte der M3 gerade einen Anker geworfen. Selbes Spiel wie vorhin. Am Scheitelpunkt ein Gaslupfer und das Heck sagt Hallo. Herrlich, einfach herrlich. Es geht auch anders. Ohne Drift, also einfach sauschnell. Dann sollte das Gaspedal sanft bedient werden, die Lenkung gefühlvoll, und beim Schalten hilft ein kurzes Gaslupfen. Mit diesem Rezept wandelt der M3 zum Rundstrecken-Skalpell und die Ideallinie lässt sich mit chirurgischer Präzision ziehen. Diese Spreizung ist beachtlich und verführerisch zugleich, denn der M3 ist auf Wunsch Drift-Kumpel oder ein Abfangjäger auf der Jagd nach der Bestzeit. Der Spritverbrauch ist dabei natürlich utopisch und ein halber Tank entfleucht in Windeseile in Form von Schall, Rauch und süchtigmachenden Beschleunigungsorgien.
Geht’s auch ruhig?
Es geht. Kaum zu glauben. Die Taste „M2“ habe ich mit allen sanften Eigenschaften gesprickt. Motor auf „Efficiency“, Fahrwerk und Lenkung auf „Comfort“ und das DSC habe ich zumindest zum M-Mode degradiert. Was gleich auffällt. Der M3 ist leiser, er schaltet sanfter, die Lenkung ist weicher und der Verbrauch purzelt bei Selbstgeißelung – Überholverbot – auf einen einstelligen Wert. Was bleibt, sind Röntgenblicke anderer Verkehrsteilnehmer, was nicht zuletzt an der blitzblauen Lackierung liegt. Die immensen 19 Zöller samt den gewaltigen Bremsscheiben und die goldenen Bremssättel sind neben dem klassischen Vierer-Auspuff die Blickfänge beim M3. Apropos Blickfang. Die kompakt geschnittene Hülle gefällt, die Kanten und Linien der Karosserie demonstrieren gewollte Kraft und die nicht zu flache Windschutzscheibe ein luftiges Inneres. Und wenn wir bei den praktischen Seiten des M3 wären. M3 = vier Türen. Und das ist gut so. Sicher schaut der M4 – das coupéhafte Gegenstück – schnittiger aus, aber vier Türen sind einfach ungemein praktischer. Der Vollständigkeit halber: Auch der Kofferraum mit 480 Litern ist ordentlich.
Und was kostet der Spaß?
Schluck. Jetzt heißt es tief Luft holen. Rund 86.000,- sind mindestens pfutsch, mit DKG-Getriebe sind’s rund 90.000,- Euro und mit Carbon-Keramik-Bremsen und adaptivem Fahrwerk hüpft der Endpreis locker über 100.000,- Euro. Der M3 ist es wert, keine Frage, denn die Fahrleistungen sind gigantisch und der Spaßfaktor grenzgenial. Volksnah sind die Ms aber nicht mehr.