41 Starts in der Formel 1, darunter vier Zielankünfte unter den ersten fünf. Klassensiege in Le Mans, Erfolge in der DTM und ein aufsehenerregender Meistertitel in der deutschen
Formel 3 im Jahr 1989, Vizemeister damals: ein gewisser Michael Schumacher. Spätestens jetzt ist klar, dass in der Überschrift nur sekundär an seine 1,87m Körpergröße gedacht wird.
Rank und schlank, überpünktlich und tiefenentspannt wie eh und je erscheint der heute 55-jährige zum vereinbarten Frühstück. Ich lerne nun einen äußerst erfolgreichen Motorsportler kennen, der oftmals unter Wert geschlagen wurde und unbegründet im Schatten von Gerhard Berger und Co stand. Im Laufe seiner Karriere begrenzten oftmals Budget und Technik seine Möglichkeiten, dennoch kann Karl Wendlinger auf unzählige Titel und Triumphe zurückblicken. Die gemeinsamen Nenner all dieser Erfolge waren Talent, Fleiß und eine bodenständige aber konsequente Herangehensweise. Die ersten Fahrerverträge – maximal zwei Seiten stark – kamen per Fax ins Büro der elterlichen Autowerkstatt. Eigenes Management? Negativ! „Hab‘ ich mir weitestgehend selbst gemacht.“ Eigener Fitness-, Physio- oder Mentalcoach? „Nein, nur der Werner aus dem Kufsteiner Fitness Studio hat mir einige Übungen gezeigt, die für einen Formel 1 Fahrer vielleicht ganz gut wären. Außerdem hatte ich die Berge zum Wandern und gelaufen bin ich viel. Später mal hab‘ ich mir an einem alten Helm Gewichte montiert, um Fliehkräfte zu simulieren.“ Alleine nach diesem Absatz sollte klar sein, aus welchem Holz diese Tiroler Motorsportlegende geschnitzt ist. Außerdem „selfmade“, wie man heute so schön sagt.
Familiär schwer vorbelastet – bereits Karl’s Großvater war aktiver Motorsportler, sein Vater sogar Seriensieger und Meister in der Tourenwagenszene – startete der gelernte KFZ-Mechaniker seine Laufbahn 1983 im Kartsport. Es folgte rasch der Aufstieg in die Formel Ford und schon bald in die Formel 3. Im Jahr 1988 fuhr er seinen ersten Staatsmeistertitel in Österreich ein und wechselte im kommenden Jahr nach Deutschland. Dort gewann er daraufhin die spannendste Meisterschaft aller Zeiten, in der die ersten drei Fahrer nur durch einen Punkt getrennt waren: Wendlinger besiegte seine späteren Teamkollegen Michael Schumacher und Heinz Harald Frentzen und hatte somit einen der besten Rennfahrer aller Zeiten in die Schranken gewiesen, mit schlankem Budget und überschaubaren Mitteln. Mit seiner typischen Bescheidenheit erzählt er mir von dieser außergewöhnlichen Saison, als wäre es die normalste Sache der Welt, so als hätte er beim Preisschnapsen in Kufstein gewonnen.
Wie es für Karl Wendlinger nach der Formel 3 weiterging und warum das Kapitel Formel 1 endete, lesen Sie in AUTO-aktuell 3/24.