Der Prius-Ferrari – BMW i8 eDrive

BMW kehrt zurück ins Rudel der Supersportler und dreht gewaltig am Zukunfts- radl. Die Optik wirkt wie Nektar für herumschwirrende Passanten und die Technik wagt einen Spagat zwischen Öko und Petrolhead. Lässt der halbe Sechszylinder an Bord des i8 „M-Gefühle“ aufkommen?

Der hat aber schon 500 PS, oder?“ Nicht unbedingt, das ist ein Plug-in-Hybrid, also auch ein Elektroauto. „Was ist das? Ein Elektroauto?“ BMW nennt es den Sportwagen der Zukunft. „Schaut ja extrem schnittig aus. Ist das Dach aus Karbon?“ Nicht nur das Dach, die ganze Fahrgastzelle ist ein Karbon-Monocoque und die Karosserie ist auch Kunststoff. „Wahnsinn. Was wiegt der? Sicher net mehr als 1.000 Kilo, oder?“ Nun ja. Mit Fahrer und Sonderausstattung sind’s 1.600 Kilo. „Aha. Is‘ ja auch groß, der i8.“ Außerdem hat er Allradantrieb. „Allrad? Ich bin verwirrt. Aber was kostet er?“ Rund 150.000,- Euro. „Waaaas? Sind die verrückt?“. Ich lass’ das mal unkommentiert.

Ready for Take-off? 

Gespräche dieser Art führte ich mehrmals, beim Tanken, beim Waschen oder beim Einsteigen. Die Flügeltüren wirken wie Nektar für herumschwirrende Passanten und die Hemmschwelle sinkt angesichts des i8 ins Bodenlose. Man wird ständig mit mehr oder weniger sinnvollen Gesprächen erfreut. Die Optik ist einfach der reinste Wahnsinn und wohl eines der derzeit schönsten und aufregendsten Gefährte auf vier Rädern. Selbst Ferrari kann da kaum mithalten. Öffnen sich nun noch die Flügeltüren, fallen sämtliche Kinnladen. Das Interesse ist schlichtweg extrem. Auch mein Interesse ist extrem. Schließlich ist der i8 ein Technik-Labor und begibt sich als Sportwagen mit einem 1,5-Liter-Dreizylinder-Benziner auf völlig neues Terrain. Kann er beim Kurven-Fun mit einem M3 mithalten? Und braucht er wirklich so wenig wie eine 3er-Diesel-Limousine? Und was ist mit dem Sound? Schließlich erfreut sich das Ohrwaschel auch über kehlige Verbrennungs- und Ansaugklangbilder. Fragen über Fragen.

Wenig dran, viel drin 

Sofort ins Auge sticht – neben der Optik – Kohlefaser. Die gesamte Fahrgastzelle samt Türen besteht aus dem superleichten Material. Das Ergebnis ist federleicht, extrem steif und reparabel. Also alltagstauglich. Und in dieses Leicht-Skelett wird allerhand gepackt. Da wären ein 250-Nm-Elektromotor mit 2Ganggetriebe auf der Vorderachse, ein Lithium-Ionen-Akku mit 5.2 kWh im Mitteltunnel, ein 1,5-Liter-Dreizylinder-Benziner mit Turbo-Beatmung samt 6-Gang-Automatik im Heck, ein 21-PS-Stromgenerator, der ebenfalls als Schubhilfe zur Turboloch-Kompensation dient, und natürlich ein ordentliches Paket an Steuerungs-Technik. Dazu gesellen sich klassische Luxus-Goodies wie elektrische Sitze, Surround-Sound und vieles mehr. So klettert das Leergewicht inklusive Fahrer auf anständige 1,6 Tonnen. Gleich viel stemmt ein M3 auf die Waage – ohne Karbon-Monocoque, dafür mit R6-Turbo.

Es knurrt im Heck 

Ob mich der 231-PS-Dreizylinder samt Elektromurl aus den Schuhen hebt? Es gibt nur einen Weg. Sport-Modus aktivieren und ab geht’s. Die Armaturen tauchen in ein leuchtendes Rot, der Benziner springt an und ein knurrender V6-Sound dringt ans Ohr. Der i8 hechtet vom Stand und das Klangbild wird dumpfer und lauter. Der Playstation-Generation funkeln womöglich die Augen, bei mir macht sich Enttäuschung breit. Zu künstlich, zu dumpf und offensichtlich werkt der Soundgenerator und versucht, mein Ohr mit kernigem Motorsound zu verführen. Wichtiger ist ohnehin der Biss. Und der ist anständig. Von hinten schiebt der 231-PS-Dreizylinder an, von vorne der Elektromurl mit 250 Nm, und somit zoomt sich der i8 auch mit schmaler Winterbereifung in gemessenen fünfeinhalb Sekunden auf Tempo 100. Die Automatik serviert zudem im Sportmodus ein spürbares Schaltruckeln, was die sportliche Vorstellung verschärft.

>> Der i8 ist für Freunde des grün angehauchten Lifestyles. Versierten Sportwagen-Piloten fehlt aber der Thrill-Faktor. <<

Gefilteter Fahrspaß 

BMW spricht von einem intelligenten Allrad für maximalen Kurven-Fun. So werden die Vorderräder gezielt mit Kraft versorgt, um den i8 williger in den Radius zu treiben. Am Kurvenausgang sorgt der 3-Zylinder-Turbo für einen leichten Hintern. So weit die Theorie. Die Praxis lauert jedoch mit Hindernissen. Speziell im Februar. 3 Grad plus, nasse Fahrbahn und Winterreifen, die ultimative Bewährungsprobe für den i8. Das Stabilitätsprogramm regelt sich zwar in den Wahnsinn, dafür hält der i8 den Kurs und lässt sich narrensicher durch das Kurvengeläuf wedeln. Fahrspaß? Vorhanden. Der versierte Pilot fühlt sich jedoch unterfordert, was ein Druck auf die DSC-Taste – selbiges öffnet an Bord des M3 nichts Geringeres als das Portal zur Hölle – ändern sollte. Tut es. Eine andere Art von Hölle, denn der wechselnde Drehmoment-Einsatz der beiden Motoren beim Spiel mit dem Gaspedal stört die Balance. Manchmal wird unter-, manchmal übersteuert und die Elektronik greift mal mehr und mal weniger ein. Sorry BMW, aber ein Supersportwagen verhält sich anders. Für Freunde des grün angehauchten Luxuslebens, die erstmals zum Sportwagen greifen, ist der i8 perfekt. Für ambitionierte Nordschleifen-Piloten fehlt allerdings der Thrill-Faktor.

Grün, grüner, i8? 

Und jetzt zur anderen, grünen Seite. Eco Pro-Modus aktivieren, Batterie aufladen und gut 30 Kilometer elektrisch durch urbane Gefilde säuseln. Emissionsfrei und geräuschlos. Das ist die richtig coole und innovative Seite des i8. Selbst wenn die Batterie leer ist, lässt sich der i8 im Hybrid-Modus sparsam bewegen. Was uns zum Verbrauch führt, worüber ich eine mehrseitige Abhandlung verfassen könnte. Wird der i8 daheim geladen und zum 30-km-Pendeln genutzt, ist der Benzinverbrauch quasi nix. Bei Autobahnfahrt verbrennt der i8 rund 8,0 Liter Benzin pro 100 km, bei bedachter Überland-Stadt-Fahrweise sind’s weniger als 7,0 und im Sportbetrieb klettert der Durst auf 12,0 Liter. Das sind gute Werte.

Wir ziehen Bilanz 

Der i8 ist ein rundum faszinierendes Automobil und mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Weichensteller für den Sportwagen der greifbaren Zukunft. Und Kalifornier werden sich um das begrünte Image reißen. Als Supersportwagen ist mir der i8 jedoch zu zahm und die Regelwut der Bordelektronik verhindert fahrdynamische Höhepunkte.

> www.bmw.at

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