Seit er 2001 im zarten Alter von 14 Jahren bei einem Rallysprint in seiner Heimat Estland einen VW Scirocco pilotiert hatte, ist der Este Ott Tänak unzählige Rallyes gefahren – auf der ganzen Welt. In Österreich jedoch gibt er am kommenden Wochenende sein Rallyedebüt – und erfreut gemeinsam mit Copilot Martin Jarveoja die Fans in seinem Ford Puma Rally1 Hybrid, einem Fahrzeug der zurzeit weltstärksten aktuellen Rallye-Kategorie.
Wobei: Das mit dem Österreich-Debüt stimmt nicht ganz! Denn Tänak fand sich bereits 2009 in Freistadt ein, um dort die Pirelli Star Driver Search zu gewinnen und sich somit für 2010 ein Pirelli Star Driver Evo X-Cockpit zu sichern. So gesehen könnte Tänak Österreich in guter Erinnerung haben.
„Wenn ein Sportler erfolgreich sein will, muss er sich wohl fühlen“, sagt Tänak in einem Interview mit estnischen Medien – die Chance, dass er sich im „Rallyeviertel“, wie die Fans das Waldviertel liebevoll nennen, wohl fühlen wird, stehen gut. Tänak ist eher auf der ruhigen Seite zuhause – das Beschauliche des Waldviertels könnte ihm durchaus munden. Und Geschmack scheint der stille Este zu haben – schließlich wurde er in diesem Sommer in einem Wiener Restaurant gesichtet.
Auch die schöne Beschreibung eines unbekannten Chronisten des Waldviertel-Rallye Archivs, dass im Waldviertel „die Rehe Ohrenstöpsel tragen“ würden, könnte Ott gefallen. Diese Beschreibung stammt nämlich aus dem Jahr 1985 – als niemand geringerer als Walter Röhrl mit seinem brüllenden Audi quattro S1 das Waldviertel beehrte, im Rahmen der Semperit-Rallye – auf deren Spuren respektive Sonderprüfungen wird ein Teil der Herbstrallye abgehalten. Das Geschichtsträchtige – ebenfalls etwas, das dem 36-jährigen Weltmeister von 2019 durchaus schmecken könnte – und nicht nur ihm.
Mit dem M Sport World Rally Team beehrt eines der drei Werksteams der Rallye-Weltmeisterschaft die Herbstrallye Dobersberg – und mit Adrien Fourmaux auf einem Ford Fiesta Rally2 bringen Malcolm Wilson und sein Team jenen Franzosen an den Start, der gemeinsam mit Copilot Alexandre Coria die Jännerrallye 2023 gewinnen konnte, mit dem heimischen Einsatzteam ZM Racing.
Rally2-Armada
Zusammen mit Fourmaux starten insgesamt 20 Rally2-Fahrzeuge – in dieser Armada möchte der Deutsche Dominik Dinkel (Co Pirmin Winklhofer, ebenfalls ZM Racing) im „vorderen Drittel“ dieser Klasse landen, also in den Top 7.
Den Startnummern entsprechend wird nach Dinkel der Deutsche Albert von Thurn und Taxis (Co Jara Hain) einen von Baumschlager Rallye Racing eingesetzten Skoda Fabia RS Rally2 pilotieren.
Mit Nicolas Ciamin/Yannick Roche (Skoda Fabia RS Rally2) ist ein starkes französisches Asphalt-Team am Start, dazu kommt der Finne Roope Korhonen, der neue WRC3-Weltmeister pilotiert ebenfalls einen Skoda Fabia RS Rally2.
Jan Skala (Hyundai i20 N Rally2) konnte die Herbstrallye Dobersberg im Vorjahr für sich entscheiden – der Tscheche sucht zurzeit über eine Internet-Auktion Sponsoren für seinen Antritt bei der Zentraleuropa-Rallye, die bekanntlich eine Woche nach der Herbstrallye zu einem Drittel auf heimischem Boden über die Bühne gehen wird. Skala konnte in seinem erst zweiten Antritt in einem Rally2-Boliden im Vorjahr die Herbstrallye gewinnen und bereitet sich heuer in Dobersberg auf sein WM-Debüt vor.
Eines ist sicher: Der Sieg respektive der erste Platz hinter dem Rally1-Boliden wird nur mit einem Rally2-Fahrzeug möglich sein…
Wer wird stärkster Österreicher?
Mit Luca Waldherr und Kurt Huber ist mit Startnummer 5 das erste österreichische Team am Start. Ob das auch jenes heimische Team sein wird, das im Endergebnis am weitesten vorne landen wird? Luca Waldherr lacht: „Ich habe jetzt endlich den ersehnten Prioritätsfahrerstatus – und es hat schon großen Charme, wenn vier Autos vor dir ein Weltmeister an den Start geht. Aber ich bin noch nie in Dobersberg gefahren und ich fahre mit dem älteren Citroen DS3 Rally2- das ist klar das älteste Rally2-Auto im Feld.“
Luca fügt hinzu: „Den neuen Citroen C3 Rally2 unseres Teams fährt ja Fabian Zeiringer – er sollte seine erste Rallye in einem Rally2-Auto einfach nur genießen, ich kann mich noch gut erinnern, wie das bei mir damals war.“
Wer wird nun also schnellstes Österreicher-Team bei der Herbstrallye Dobersberg? Luca sagt es so: „Ich hoffe, dass es ein Team aus dem Hause Waldherr Motor Sport sein wird.“
Das erwähnte ZM Racing Team bringt neben dem Deutschen Dominik Dinkel mit Peter Eibisberger/Claudia Maier, Martin Fischerlehner/Tobias Unterweger, Markus Wurz/Thomas Schöpf drei weitere heimische Rally2-Boliden an den Start.
Als zweites österreichisches Duo starten Johannes Keferböck und Ilka Minor (über 300 Rallyes – mit Manfred Stohl, Evgeny Novikov, Henning Solberg usw. laufend in der WRC/ERC vertreten) mit Startnummer 8 in die Sonderprüfungen. Den grün-schwarzen K4-Boliden kennen die Fans von seinen Auftritten in der Weltmeisterschaft – Keferböck/Minor starten demnach auch bei der Premiere der Zentraleuropa-Rallye. In Dobersberg hat „Kefer“ vor allem eines vor: „Wir wollen uns wieder aufs Fahren einschießen – denn ich bin seit Juni nicht mehr im Auto gesessen.“
Insgesamt haben sich sensationelle 113 Teams für die Herbstrallye Dobersberg angesagt – darunter auch zahlreiche Lokalmatadore aus dem Waldviertel. Mit Thomas Regner und Gottfried Witzmann können noch zwei Waldviertler-Champion der Austrian Rallye Challenge (ARC) werden – wenn sie sich im Kampf gegen den regierenden ARC-Clubmeister Gerald Bachler durchsetzen.
Die Herbstrallye Dobersberg ist nicht nur das Grande Finale der Austrian Rallye Challenge, sondern auch der letzte Lauf zum Alpe Adria Rally Cup.